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26.06.2004
Ben Becker
Lesung "Berlin Alexanderplatz" auf der Kieler Woche

Ben Becker "Berlin Alexanderplatz"

"Dein Atem entspringt aus deinem Mund
Er formt die Wörter tief und rund
Deine Stimme lässt den Boden schwingen
Sie scheint in ihrer Rauheit zu singen

Sie gibt den Sätzen ihren Halt
Du hast durch sie die Wortgewalt
Sie scheint Bilder vor mir zu weben
Sie bringt Turbulenzen in mein Leben."

Vor einigen Wochen erfuhr ich, dass Ben Becker auf der Kieler Woche bei "gewaltig leise" gastieren würde. Dann sah ich die Plakate "Berlin Alexanderplatz"; ich muss zugeben, in der Schule zählte dieser Roman zur Pflichtlektüre der Oberstufe, aber ich habe ihn eher mit Widerwillen gelesen. Ben Becker könnte für mich aber auch aus der Bibel zitieren oder Marx vorlesen und trotzdem würde ich ihm noch mit Freude lauschen. So wartete ich am 26.06.2004 in der dritten Reihe auf der Krusenkoppel mit Isomatte und Regenjacke auf seinen Auftritt. Das Wetter meinte es an diesem Abend jedoch endlich mal gut, kein Unwetter, sondern blauer Himmel und Sonnenschein. Die Freilichtbühne war fast bis auf den letzten Platz besetzt. Ein gemischtes Publikum forderte dann um kurz nach neun mit aufforderndem Klatschen ihren Star.
Zuerst kamen seine zwei "Hintermänner" und nahmen an ihrem Tonpult Platz. Darauf folgte Ben bekleidet in schwarzer Anzughose und langem Jackett, darunter ein weißes Hemd und Hosenträger. Er schnippte noch seine glühende Zigarette hinter sich und betrat lässig die Bühne. Die Zuschauer begrüßten ihn jetzt schon stürmisch. Er setzte sich auf einen Caféstuhl vor einen kleinen Tisch an dem eine schwarze Melone hing. Bedächtig schaute er einigen Personen hinterher, die noch auf ihre Plätze eilten. Ich wartete auf seine Stimme. Als ich sie vernahm, lernte auch ich Alfred Döblin schätzen. Ben Becker wurde zu Franz Biberkopf, Minna, Reinhold und all den anderen Personen des Romans. Seine "Berliner Schnauze" ließ die Personen, ob Frau, ob Mann in unseren Köpfen erscheinen. Er lebte diese Geschichte auf seinem Stuhl, untermalt von den Klängen seiner beiden Hintermänner. Selbst als er in einen Lachausbruch über einen Satz verfiel, antwortete das Publikum ebenfalls mit Gelächter. Seine Tanzeinlage gegen Ende des eineinhalbstündigen ersten Programmteils entschädigte meine Hoffnung auf ein Gesangsintermezzo ein wenig.

Nach der Pause hatte sich die Zuschauerzahl trotz der Kälte nur ein wenig verringert. Zu Beginn des zweiten Programmteils ließ Ben eine Sirene laut aufheulen, spätestens jetzt wusste jeder, dass es weiterging. In diesem Moment hockte sich ein aufdringlicher Fotograf vor ihn an den Boden der Bühne und schoss ein Foto nach dem anderen. Nach kurzer Zeit winkte Ben ihn mit einer Handbewegung weg und setzte sich nun wieder auf seinen Stuhl. Der Fotograf verstand diesen Wink anscheinend nicht, sondern knipste unbeirrt am Bühnenrand weiter. Im tiefen kurzen Tenor wies Ben ihn durch das Mikrofon zurecht: "Nun ist Schluss!" und entschuldigend zu dem applaudierenden Publikum blickend "zuviel Eitelkeit ist nicht gut!". Es entstand ein kurzer Dialog zwischen ihm und dem Publikum, die bei ihm eine unterschwellige Großstadtarroganz gegenüber Kiel spüren ließen. Bevor das Programm dann weiterging kam jedoch der versöhnende Satz: "Schön, dass ihr trotz der Kälte noch hier seid!"
Ich habe dann wegen der Kälte und meiner Begleitung um zwölf Uhr die Lesung schweren Herzens vor ihrem Ende verlassen.

Review by miablumoon


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